SA-CD − Berühmte Orgelwerke aus dem Passauer Dom
Domorganist Ludwig Ruckdeschel spielt an einer der größten Orgeln der Welt
Programm:
- Johann Sebastian Bach (1685-1750) Toccata und Fuge d-moll BWV 565
- Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Adagio C-Dur KV 356
- Craig Sellar Lang (1891-1971) Tuba tune D-Dur
- Jacques-Nicolas Lemmens (1823-1881) Fanfare D-Dur
- Louis Victor Jules Vierne (1870-1937) aus « Pièces de Fantaisie »
Clair de lune op. 54/ 6 (Des-Dur)
Carillon de Westminster op. 53/ 5 (D-Dur) - Alexandre Guilmant (1837-1911) Sonate Nr. 4 d-moll op. 61
I Allegro assa
II Andante
III Menuetto
IV Finale - Lëon Boellmann (1862-1897) Suite gothique op. 25
I Introduction-Choral
II Menuet gothique
III Prière á Notre Dame
IV Toccata
Organ classics – berühmte Orgelwerke aus dem Passauer Dom
Mit dieser CD-Edition möchte ich die unvergleichliche Klangvielfalt und –Fülle der weithin bekannten Passauer Domorgel zur Interpretation sehr bekannter Orgelwerke nutzen, die mit ihren 5 Teilwerken im Raum des Domes zu einem beeindruckenden Gesamtinstrument verschmelzen kann.
Bewusst wurden die Registrierungen daher eher `unkonventionell´, speziell für den Raum und die Zuhörer im Kirchenschiff gewählt. Ziel der Aufnahme war es, den Klang der Teilorgeln möglichst realistisch, wie beim Hören eines Orgelkonzerts im Hauptschiff des Doms, wiederzugeben.
Johann Seb. Bachs populärstes Orgelstück, die jugendlich-virtuose Toccata und Fuge d-moll BWV 565, in der der Einfluß norddeutscher Stilvorbilder wie D. Buxtehude erkennbar ist, wurde an der Hauptorgel eingespielt, die Echostellen der Fuge erklingen an der gut 80 m entfernten Chororgel im Chorraum des Doms. Im toccatahaften, durch Laufwerk geprägten Schlussteil der Fuge werden Haupt- und Chororgel gemeinsam gespielt.
Das folgende Adagio von Mozart, eigentlich für Glasharmonika, bietet die Möglichkeit, alle Glockenspiele der Domorgel zunächst getrennt und dann zusammen (kombiniert mit Cymbelstern) zu hören. Entsprechend sind hier Hauptorgel (Carillon (Brustwerk) und Celesta (Schwellwerk)) und Fernorgel (Glocken) eingesetzt.
Das liedhaft-heitere Tuba Tune von Craig Sellar Lang, eine Art Charakterstück (für das in englischen und amerikanischen Orgeln vorkommende Soloregister „Tuba“), das sich aus barocken Trumpet Voluntaries entwickelt hat, wurde alternierend mit den Zungenstimmen (Trompete und Chamade 8´) des Hauptwerks der Hauptorgel (H.O.) und Trompete 8´der Evangelienorgel, begleitet vom Schwellwerk und Pedal der H.O. und Trompete 8´ der Fernorgel und Chororgel (Ch.O.), begleitet von Schwellwerk der Ch.O. gespielt. Es wechseln also Orgeln der Westempore mit den beiden Orgeln im vorderen Bereich des Doms (als Echo eingesetzt) ab. Beim da capo erklingen dann alle 4 Orgeln zusammen.
Die Fanfare D-Dur, Lemmens´ bekanntestes Orgelstück, wurde mit der französisch orientierten Evangelienorgel und der Hauptorgel aufgenommen. Louis Viernes Fanatsiestücke für Orgel, jugendstilhaft-impressionistische Klangmalereien mit hoher Ausdruckskraft und intensivem musikalischen Gehalt, gehören zu Lieblingsstücken der Konzertorganisten. Das hier eingespielte Clair de lune – Mondschein malt einen ruhigen Abendhimmel, durch dessen zarte Wolken der Mondschein bricht, hin und wieder durch das Gleiten einer Sternschnuppe erhellt… zarte Flöten- Streicher- und Grundstimmenfarben der Hauptorgel, Fernorgel und Chororgel wurden im Sinne eines möglichst raumfüllenden, doch weichen Klanges verwendet.
Carillon de Westminster, wohl das bekannteste Orgelstück von Louis Vierne, dessen Thema der Glockenschlag des Big Ben in London ist. Das Wechselläuten, das von Viertelstundenschlag bis hin zur vollen Stunde die Läutemelodie von einem Viertonmotiv zum einem 16-tönigen Thema aufbaut, verarbeitet Vierne kunstvoll als Toccata, in der sich über eine groß angelegte Steigerung die thematischen Teile zum grandiosen Einsatz des Themas im Pleno der Orgel (hier mit allen 32´ im Pedal) vereinen. Die Überlagerungen durch die lang nachklingenden Glocken eines großen Glockengeläuts wurden hier als Klangbild sehr eingängig vertont, ebenso die mächtigen Stundenschläge, die das grandiose Stück abschließen.
Die Registrierung lehnt sich klanglich an die Vorgaben Viernes an, jedoch wurden die Thementeile am Anfang zusätzlich zur Hauptorgel mit den Glocken der Fernorgel gespielt, um den Geläut-Charakter zu unterstreichen. Die mächtigen Stundenschläge wurden mit den Chamaden 16´8´4´ der H.O. verstärkt, ebenso die Schlußakkorde. Im Sinne der großen Steigerung mischen sich im Verlauf des Stücks die anderen Teilorgeln hinzu und am Ende erklingen alle 5 Teilorgeln in ausgewähltem Plenoklang.
Alexandre Guilmant hat mit seinen Orgelsonaten –ähnlich seinem Kollegen Josef Gabriel Rheinberger- die Form der Sonate (Wiener Klassik) im romantischen Gewand für die Orgel adaptiert und so die französische Orgelsymphonik im Beginn geprägt.
Für die 4 Sätze der 4. Sonate d-moll wurden außer der italienisch-barock orientierten Epistelorgel alle anderen Teilorgeln eingesetzt.
Im Menuett ist dies z.B. deutlich zu hören, wenn Hauptorgel, Chororgel und Fernorgel wechseln. Zu Beginn des Schlusssatzes ist die Solostimme mit Trompete 8´der Fernorgel, die Begleitung mit Grundstimmen des Positivs H.O. registriert. In den kräftig registrierten Ecksätzen erklingen an den Fortissimo-Stellen Chororgel, Fernorgel, Evangelienorgel und Hauptorgel gemeinsam.
Die Flächigkeit des Klangs einer Passauer Domorgel, die Differenziertheit der Grundstimmen und die enorme Steigerungsmöglichkeit durch Kombination der Teilwerke macht diese Orgel besonders für diese Art romantischer Musik geeignet.
Lëon Boellmanns Suite gothique ist sein bekanntestes Orgelwerk, die eingängige Melodik und die charakteristischen Einzelsätze in ihrer satztechnischen Abwechslung haben das Stück sehr populär gemacht.
Machtvoll setzt der Choral mit der Hauptorgel ein, das Echo (mit geschlossenem Schweller) erklingt mit dem Schwellwerk der H.O.. Das folgende Menuett beginnt allein mit der Fernorgel, dem dann die Hauptorgel antwortet. Dieses Wechseln prägt das ganze, tänzerische Stück. Das versunken-mystische Gebet zu unsrer lieben Frau (Prière á Notre Dame) ist mit den Streicherschwebungen (Voix céleste) der Haupt- und Fernorgel registriert, im Mittelteil werden Flöten der Hauptorgel (Flute harmonique in I) und Evangelienorgel (Bifara) gemischt. Die abschließende Toccata ist ein ganz typisches Stück dieses Genres; eine virtuose Geste, die durchweg das Stück motorisch prägt, entwickelt das Stück hindurch eine starke Schubkraft, die über eine große Steigerung hin zum akkordischen Ende im Pleno aller 5 Teilorgeln führt.
In loser Folge sollen weitere Cds der Edition ´organ classics-Berühmte Orgelwerke aus dem Passauer Dom´ erscheinen, in denen die besonderen Klangmöglichkeiten dieses Riesenwerkes, für die die Passauer Domorgel weltberühmt ist, für die Interpretation der bekanntesten Werke der Orgelliteratur eingesetzt werden. Ich wünsche viel Freude beim Hören!
Ludwig Ruckdeschel, Domorganist